
Nachdem ich selbst jahrelang in der internationalen Modebranche tätig war, habe ich eine große Liebe für (Kunst)Handwerk entwickelt. Speziell in einer von der Digitalisierung getriebenen Zeit erlebt diese Kunst ein neues Revival und erntet wieder vermehrt Respekt. Gerade Wien als Wiege der Wiener Werkstätten und zahlreicher ehemaliger K&K Hoflieferanten (aber auch Österreich selbst) beherbergt zahlreiche Handwerksbetriebe sowie kleine Ateliers und Manufakturen. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, diesen Künstlern, Designern und Kreativen „eine Bühne zu bieten“ und Handwerkskunst im Speziellen ins Rampenlicht zu rücken. Gerade nach all‘ den Jahren von Mass Market, Fast Fashion und „made in China“ Produktionen sehnen wir uns doch alle wieder nach individuell angefertigten, authentischen Markenprodukten mit Top-Qualität. Anbei eine erlesene Selektion an „made in Austria“ Handwerksprodukten zur Inspiration!
NEU: „atelier obstiné“: Artisanale Fashion „made in Austria“
Von den beiden Inhabern der Wiener Boutique „eigensinnig“ 2017 anläßlich ihres 5-jährigen Boutique-Jubiläums gelauncht, verkörpert das Label atelier obstiné für mich wahrlich einzigartiges Design mit edlen, feinen Materialien. So liebevoll von Stefanie Hofer designt und von ihrem Partner Toni Woldrich mit herrlichen Fotos in Szene gesetzt als wäre die Kollektion in einem kleinen Pariser Atelier entstanden. Daher auch der französische Name! Anläßlich der Lancierung durfte ich zusammen mit Stefanie letzten Herbst hinter die Kulissen, durch ihre ersten Musterteile sowie in ihr Atelier blicken. Das erste, das mich sofort fasziniert hatte, waren die außergewöhnlichen und unerwarteten, oft sogar kecken Schnitte und die Softheit der Materialien.
So „eigensinnig“ die Boutique sowie die darin geführten internationalen Designermarken sein mögen, so durchdacht sind die Verarbeitungstechniken, Designs und Schnittführungen der Eigenmarke. Witzig gepaart mit seltsam verlaufenden Nähten, extra angefertigten Verschlüssen, strukturbetonten Stoffen sowie von Hand bearbeiteten Materialien und experimentellen Details. Designt und produziert wird ausschließlich in Österreich. Während im hauseigenen Atelier (gleich über der Boutique im 7. Bezirk) erste Designideen, Skizzen bis hin zu Erstmustern entstehen, findet die Fertigung der Kollektion exklusiv in qualitativ hochwertigen Manufakturen in der Steiermark statt.
Um dem artisanalen Anspruch an die Kollektionsteile gerecht zu werden, wählen Stefanie und Toni sorgfältig natürliche und hochwertige Stoffe aus Belgien, Deutschland, Italien und der Schweiz aus. Dabei legen sie nicht nur auf die weiche Qualität, sondern auch auf die Struktur und Haptik großen Wert, was man beim Berühren der Stoffe herrlich „erfühlen“ kann. Ihre derzeitigen Favorits (zumindest für die allererste Winterkollektion): Leinen, Leder, Cashmere, Baumwolle, Loden und Walk. Auch kleine Details wie Verschlüsse, Knöpfe oder Häkchen stammen aus natürlichen Materialien wie Horn oder Holz und unterstreichen den artisanalen Gedanken der Kollektion. Dank der hohen Qualität der Stoffe und Details garantieren die ausgefallenen Designs dennoch stilvolle Bequemlichkeit und gemütlichen Chic beim Tragen. Selbst in für Atelierkollektionen eher seltenen Plus Size Größen. Gerne kann hierfür auch Maßanfertigung angefragt werden.
Boutique „eigensinnig“, Sankt-Ulrichs-Platz 4, 1070 Wien
Relativ NEU: Nomade Moderne Hüte „made in Vienna“
Passend zur etwas extravaganten Mode von atelier obstiné entwirft am Wiener Naschmarkt seit 2016 Nuriel Molcho in einem kleinen Hutatelier unterschiedlichste Hüte nach Maß. Zusammen mit seiner ebenfalls reiselustigen Verlobten Audrey entwerfen die beiden nicht nur Hüte für den Stadtgebrauch, sondern vor allem für moderne Nomaden auf Reisen. Während sich die eigentliche Hutindustrie sehr lange nicht weiterentwickelt hatte, gibt es nun wieder eine neue Welle an Jungdesignern sowie den Wunsch potentieller Hutträger nach individuell und maßgefertigten Hüten.
Um diese Individualität garantieren zu können, wird der potentielle Käufer / die Käuferin von Anfang an in das Design des Hutes mit eingebunden. An sogenannten Rohlingen aus hochwertigem Bieberfilz wählt man zuerst Farbe und Form von Hut und Krempe. Danach geht es zur Auswahl der Details. Aus einer riesigen Schatulle reich an Bändern, welche Nuriel und Audrey auf ihren Reisen nach Amerika, England, Marokko, Israel und vielen anderen Ländern bei alten Hutmachern oder auf Flohmärkten entdeckt haben, wählt man schließlich ein passendes Stoffband sowie weitere Details. Dies können Mini-Logoplättchen in Gold, Silber oder Messing respektive ein kleines „contrast stitching“ mit Kontrastfaden sein.
Auch hier wird großer Wert auf Qualität und Altwiener Handwerkskunst gelegt! Der Bieberfilz wird nicht nur sorgfältig in portugiesischen Manufakturen ausgesucht, sondern deren Farbnuancen sogar auf Wunsch von Nuriel extra angefertigt. Bis zum fertigen Hut dauert die traditionelle Hutmacherkunst schließlich 2 – 3 Wochen und umfasst das Anpassen der richtigen Hutform über Wasserdampf, das Trocknen und Steifen, das Rasieren, Bearbeiten und Formen des Filzes sowie die Hutdetails.
Atelier Nomade Moderne, Naschmarkt Stand 530, 1060 Wien
Stefan Knopp: Kraftvolle Tische „made in Austria“
Ganz andere Kraft und Ästhetik strotzen aus den Designobjekten von Stefan Knopp, welchen ich letzten Herbst dank der neuen Designmesse, Design District 1010, in der Wiener Hofburg kennenlernen durfte. Als Spezialist für handgefertigte Holztische sind für den gebürtigen Obertrumer bei Salzburg Tische nicht nur zum Essen da. Sie bilden für ihn vielmehr das Zentrum der Begegnung und Kommunikation zwischen Menschen in ihrem Zuhause. Darüber hinaus bestechen sie durch einzigartiges Design und pure Handwerkskunst abseits jeglicher digitaler Fertigungstechnik.
Das Herzstück seiner Kollektion ist der sogenannte Monolith. Hier zaubert Stefan Knopp aus dem Kernstück eines einzigen Baumstammes jedes Mal aufs Neue „die Seele“ für ein Esszimmer oder einen (neuen) Wohnraum. Denn für ihn gilt es stets die etwa 100-jährige Geschichte des Baumstammes durch die Art seiner Bearbeitung und Oberflächenbehandlung für alle sichtbar zu machen. So lebt der Stamm als Tisch und Designkunstwerk weiter. Der besondere Charakter sind seine Oberfläche, seine Struktur, seine „rauen“ Kanten, welche durch das Schneiden, Hobeln, Schleifen und Veredeln sowie schließlich durch das Element Feuer eine neue Gestalt und Form annehmen.
Ich war so fasziniert von Stefan Knopps Produkten, dass ich mich sofort in sie verliebte. Denn auch sie erhalten ihre Individualität erst durch die Angaben zu Form, Tischstärke, Farbe und Größe seitens potentieller Käufer. Dies beginnt schon beim Aussuchen des Rohlings im gut sortierten Lager an trockenen Platten in Stefan Knopps Werkstatt.
Stefan Knopp, Mühlbach 2, 5162 Obertrum am See
Frauenschuh: Skimode „made in Austria“
In Kitzbühel in Tirol entsteht sogar eine ganze Sportsfashion Kollektion mit einer starken Skimode in heimischen Manufakturen. Das Design und die Kollektionsideen stammen von Firmeninhaber, Kaspar Frauenschuh, selbst. Auch hier – wie schon bei dem neuen Label atelier obstiné aus Wien – stehen die hochwertige Qualität der Stoffe, einzigartige Designs mit hohem Tragekomfort sowie die Funktionalität beim Skifahren im Vordergrund. Dazu zählen atmungsaktive, wind- und wasserdichte Materialien mit hoher Wassersäule, getapte Nähte, abnehmbarer Schneefang sowie zahlreiche Innentaschen (vor allem bei der Skijacke). Damit auch bei Wind und Schnee ein Skitag noch zu einem positiven Erlebnis wird!
Inspiriert zu Designs und Farbtrends wird Herr Frauenschuh vorwiegend auf seinen Reisen. In kleinen Stoffateliers werden schließlich potentielle Materialen und Stoffe sorgfältig ausgesucht und im hauseigenen Atelier in Kitzbühel solange anhand von Prototypen punkto Tragekomfort und Funktion getestet bis sie den Anforderungen des Designers entsprechen. Dabei fällt so manches Stück auch wieder aus der Kollektion. Während die Materialien wie Hirschleder, Loden, Walk, Cashmere, …. für die Sportsfashion Kollektion eher von kleinen italienischen Produzenten stammen, werden die Funktionsstoffe für die Skimode gerne in Japan zugekauft (Softshell, Mikrofaser, etc.).
Neben exquisiten Stoffen und Schnitten, welche so manchen beeindruckenden Material-Mix ergeben, stehen Nachhaltigkeit, die Fertigung ausschließlich in kleinen Manufakturen mit Handwerkskunst sowie die Tradition eines Familienunternehmens hoch im Kurs. Umgeben von den wunderschönen Kitzbüheler Alpen vermittelt auch die Mode von Kaspar Frauenschuh selbst ein gewisses Lebensgefühl, das sich sehr gut mit „alpine lifestyle“ beschreiben läßt. Letztendlich soll das Tragen eines Frauenschuh-Teils jedem Träger / jeder Trägerin Freude und Spaß bereiten. Die Mode solle demnach „easy, hochwertig, nachhaltig und nie overdressed“ sein, so Herr Frauenschuh persönlich. Daher bleibt er auch bei der Auswahl der Farben eher dezent. Jede Kollektion ist stets auf 5 Hauptfarben und maximal auf 3 – 4 trendige Fashionfarben aufgebaut.
Frauenschuh Shop, Josef-Herold-Straße 13-15, 6370 Kitzbühel, Frauenschuh Online Shop
Ünique Skis: Maßski „made in Vienna“
Wer zum modischen Skioutfit aus Österreich noch den passenden Ski sucht, ist beim Ünique Skis Team perfekt aufgehoben. Mitten im 15. Wiener Gemeindebezirk werden in der Tat Ski nach Maß für die individuellen Ansprüche von Skifreaks hergestellt, egal ob Freerider, Tourengeher oder Pistenfahrer. Während die beiden Gründer der Skimanufaktur, Clemens Frankl und Dominic Haffner, ursprünglich nur individuell angepaßte Ski für sich selber herstellen wollten, gibt es mittlerweile neben der Maßanfertigung auch vier Serienmodelle im Sortiment.
Um den unterschiedlichen Anforderungen eines Hobbyskifahrers oder Skisportlers gerecht zu werden, beginnt jede Maßanfertigung bei Clemens und Dominic mit einem persönlichen Beratungsgespräch. Ähnlich wie für einen Maßanzug wird der zukünftige Skibesitzer genauestens vermessen und sein Skifahrvermögen hinterfragt. Hierzu kann zusätzlich gerne eigenes Bild- und Videomaterial zur Verfügung gestellt werden. Nur so können die funktionellen Variablen eines jeden Skis – wie Shape (Länge, Breite und Radius), Flexibilität, Torsionssteifigkeit und Vorspannung – perfekt auf jeden Skifahrer angepaßt werden. Wer es noch präziser möchte, geht mit Clemens und Dominic einen halben Tag gemeinsam Skifahren, um eine detaillierte Fahrstilanalyse zu ermöglichen. Diese Analyse entsteht im Zusammenspiel zwischen moderner Technik sowie der Erfahrung eines ausgebildeten Skitrainers.
Schließlich wird jeder Ski basierend auf einer 3D-Vorlage in Sandwichbauweise handgefertigt. Er verfügt über einen hochwertigen Vollholzkern, der von Karbon, Flachs, Fiberglass und Titanal ummantelt wird. Die Oberfläche bildet stets eine Holzfurnier, wobei durch die unterschiedliche Maserung der Furniere jedes Paar seinen ganz einzigartigen Look erhält. Nach 4 – 8 Wochen ist der individuell angefertigte Ski fertig! Jedoch muß er vorher noch einer gründlichen Qualitätskontrolle unterworfen werden, ehe das Ünique Skis Logo als Qualitätssiegel eingebrannt wird. Zusätzliches Atout: wer möchte, darf sogar beim Bau des eigenes Skis selbst mitwirken.
Die Vorteile? Maßgefertigte Ünique Skis passen vom ersten Schwung an perfekt zum Fahrer / zur Fahrerin. Die Biegelinie ist so ideal abgestimmt, sodass Schwünge kraftsparender gesetzt werden können und man am Ende des Tages sicherer aber auch freudvoller am Ski steht. Und damit der kostbar hergestellte Ski auch lange lebt, gibt es stylische Accessoires wie Skisack und Skischuhtasche passend dazu. Ich fürchte, mein Atomic Ski hat langsam ausgedient und ein Paar Ünique Skis muß auf meine Wunschliste…
Ünique Skis, Fünfhausgasse 5, 1150 Wien
Weitere Manufakturporträts zu österreichischer Handwerkskunst findet ihr unter Mode und Handwerk „made in Vienna!“
Ein Kommentar zu „Mode und Handwerk „made in Austria““