
Jetzt, wo die Tage wieder kürzer werden, es leider schon zu kühl ist, um in den netten Schanigärten Wiens zu sitzen, verbringen wir unsere Abende gerne wieder gemütlich zu Hause oder in Restaurants „mit Ambiente“. Daher habe ich mich die letzten Wochen auf eine kleine kulinarische Entdeckungsreise durch vorwiegend neue Wiener Restaurants gemacht und meine ganz persönlichen Erfahrungen und Empfehlungen für euch gesammelt. Wie ihr schon meinen ersten Zeilen entnehmen könnt, waren nicht nur die Qualität der Kulinarik ausschlaggebend für meine ganz persönliche Selektion, sondern zusätzlich die angenehme Atmosphäre des Restaurants, das Service sowie das Interior Konzept, das ja bekanntlich stark unsere Stimmung mit beeinflußt. Voilà meine ersten drei Lifestyle-Tipps zu „Fine Dining“ im schönen, herbstlichen Wien!

Umgebaut: Restaurant „Zum Schwarzen Kameel“
Wurde ich früher von Freunden gefragt, welche Wien zum ersten Mal besuchten, welches Lokal ich ihnen empfehlen würde, so war das Kameel immer meine erste Wahl! Dieses für mich so urtypische Wiener …… ja, was ist es denn überhaupt? Szenelokal? In-Treffpunkt? Bar? Restaurant? Politikerbeisl? Kleinod im schönsten Jugendstil ob seiner über 100 Jahre alten Einrichtung? Eigentlich DAS Wiener Lokal mit den allerbesten Brötchen der Stadt, in dem man auch exzellent im hinteren Bereich des Lokals speisen kann, mit den irgendwie Wienerischten Gästen überhaupt. Für mich DAS Wohnzimmer der Wiener/Innen, nicht nur wegen seiner Gemütlichkeit, dem charmanten Service, der top Kulinarik, sondern auch wegen des unausgesprochenen „Laufstegs“ vorm Gastgarten. Dort, wo das Who-is-Who sich trifft, um heimlich (denn keiner würde das zugeben!) die chicere Gesellschaft zu beobachten, welche so zwischen Park Hyatt und Kohlmarkt über die Bognergasse eilt.
Wann immer ich es während meiner 13 Auslandsjahre zeitlich für einen einzigen Tag auf Kurzbesuch nach Wien geschafft habe, ein Treffen mit Freunden im Schwarzen Kameel war stets ein Pflichttermin! Denn nur wenn ich endlich wieder meine Brötchen und den guten Prosecco oder Rosé an der Bar genoß, manches Mal sogar das Glück hatte, den Helmut Zilk mit seiner Dagi zu erhaschen, fühlte ich mich wieder so richtig in Wien „zuhause“. Denn alles hat hier irgendwie Tradition: die authentische Inneneinrichtung mit den alten Fliesen und Holzvertäfelungen sowie die hauseigenen Produkte mit dem unverkennbaren Kameel-Logo, welche meterweise die Barwände verzieren. Die legendären Brötchen der Bar genauso wie der Restaurantchef, Maitre Johann Gensbichler. Für mich mit seinem Bart und Outfits der „Kronprinz“ des Kameels. Schließlich die charmante Dame an der Theke mit ihren immer wechselnden modischen Brillen sowie das Personal in ihren weißen Sakkos an sich.
Auch die Küche des Schwarzen Kameels wird von einer tiefen Huldigung des Wienerischen geprägt, auch wenn die Klassiker der Wiener Küche stets vom Küchenteam neu interpretiert werden. Dazu kommen kulinarische Kreationen und Gerichte der gehobenen internationalen Küche. Dennoch sind der Stammgäste Lieblingsgerichte das traditionelle Wiener Schnitzel, das Kalbsrahmgulasch mit Butternockerln sowie mein Favorit die Wachauer Marillenpalatschinken. Unbedingt kosten! Nun hat Peter Friese, genauso diskret wie er als Gastgeber auf mich wirkt, sowohl die Bar als auch das Restaurant „Zum Schwarzen Kameel“ vergrößert und beidem neuen Glanz verliehen, ohne das Traditionelle und Authentische zu verändern. Neue Besucher würden meinen, es sei schon immer so gewesen. Nur für die Wiener und Wienerinnen ist jetzt noch mehr Platz zum Staunen, Schauen und ihre Gaumenfreuden!
Restaurant Schwarzes Kameel, Bognergasse 5, 1010 Wien
NEU: Restaurant Meissl & Schadn am Ring

Ich muß gestehen, ich bin auch ein Fan des Hotel Grand Ferdinands seit seiner Eröffnung ob der tollen Terrasse in der Grand Etage und habe schon so manchen Sommerabend dort verbracht. Wenn auch so ganz anders als das Kameel. Nun eröffnete im September das umgebaute Hotelrestaurant im Erdgeschoß ebenso mit einer alten Wiener Tradition. Als Hommage an seinen Namensgeber, welcher 1896 als Hotel & Restaurant zur Jahrhundertwende eröffnet und schnell zum Zentrum politischer und kultureller Diskussionen wurde, huldigt das neue Meissl & Schadn ebenfalls das angebliche Lieblingsgericht der Österreicher: das Wiener Schnitzel. Nebst anderen Gerichten der Wiener Traditionsküche wie Tafelspitz oder Apfelstrudel.
Da scheint’s das Klopfen des Wiener Schnitzels der Wiener/Innen Lieblingsmusik ist (ich bin ja wie ihr wißt Vegetarierin und hätte eher auf die Wiener Philharmoniker getippt 😉 ), bietet das Meissl & Schadn zweimal die Woche, dienstags und freitags ab 17 Uhr, Schnitzelbacken zum Selbermachen an. Dabei wird die alte Tradition förmlich zelebriert: der Gast – auch jener der „à la Carte“ Küche – entscheidet selbst, ob er es in feinstem Butter-, kraftvollen Schweineschmalz oder neutralem Pflanzenöl goldbraun backen lassen möchte. Gebacken wird in der neuen Schauküche mit fachkundiger Unterstützung des Küchenchefs und ich finde das vor allem eine nette Geschenksidee für Freunde.
An den selben Tagen gibt es ab 16 Uhr zudem die Möglichkeit, einen echten ausgezogenen Wiener Apfelstrudel selbst auszuprobieren. Beim Zusehen habe ich jedoch für mich entschieden, mich lieber um die Fülle dieses Strudels zu kümmern. Als Belohnung gab es dann für mich den „vegetarischen Tafelspitz„, der als solcher tatsächlich auf der Karte angeboten wird mit gebackenem Ei, Cremespinat, Kartoffelschmarren und allen sonstigen Zutaten eines richtigen Tafelspitz. Auf alle Fälle eine absolut empfehlenswerte neue Location mit Wiener Tradition, speziell für alle Schnitzel Lovers (!), mit offener Salonküche und sehr nettem Interieur passend zum restlichen Hotelkonzept.
Restaurant Meissl & Schadn, Schubertring 10-12, 1010 Wien
NEU: Restaurant „Aï“ im Goldenen Quartier – leider wurde dieses Restaurant mittlerweile geschlossen (Anmerkung Viennissima Herbst 2018)
Als ich vor einiger Zeit erfuhr, das Goldene Quartier würde ein Nobelrestaurant mit asiatischer Küche eröffnen, war ich mehr als skeptisch. Zu laut sind die Gerüchte über den Erfolg oder Misserfolg dieses Luxus Quartiers, da hätte es eher einen starken und preislich erschwinglichen Frequenzbringer gebraucht. So meine Meinung. Umso überraschter war ich schließlich, als ich das Restaurant mit meinem Freund das erste Mal besuchte. Gleich beim Betreten ist man – sofern man diese warme und angenehme, leicht asiatische Atmosphäre mag – vom Interior Design, das absolut stylish ist, beeindruckt. Die Farben sowie Materialien von grauem Granitstein, Fliesen, Holz und Kupfer sind so harmonisch und gemütlich und durch die Deckenleuchten besonders in Szene gesetzt, sodass man sofort verweilen möchte.
Eine großzügige Bar lädt zu Cocktail und Aperitivo ein. Die Schauküche ebenerdig sowie eine mindestens genauso große Sushibar und -küche im ersten Stock machen die Entscheidung schwer, wo man denn am liebsten essen würde. Mein persönlicher Tipp: Lunch im Erdgeschoß ob dem spannenden Kontrast zwischen stylischem und modernem Interieur sowie der alten, fast schon imperialen Szenerie der Wiener Innenstadtgasserln, welche man durch große Fenster belustigt bestaunen kann. Besonders wenn die Fiakerfahrer unverblümt um die Ecke biegen, hat dies schon fast eine Anmutung alter Filmszenen aus Wiener Heimatfilmen. Dinner hingegen im ersten Stock.
Das Aï steht für „innovative Asian Cuisine“ und ist eine traditionelle, leicht modern angehauchte japanische Küche nach alter Zen Tradition gemischt mit der Küche aus „Greater Asia“. Die Zutaten stammen teils aus Asien selbst, teils aus Österreich oder anderen Ländern. Das Besondere (neben dem absolut erschwinglichen Preisniveau für die gebotene Qualität): das Konzept des „Sharens“, also Teilens. Sobald erste Gerichte fertig sind, werden sie sofort serviert, mit der Idee, diese mit seinen Tischgefährten und Freunden zu teilen. Zudem das überaus freundliche, fast schon scherzend aufgelegte Personal und seine fachliche Kompetenz. Eine Empfehlung für alle, welche zwischen den vielen Wiener Schnitzeln einmal Lust auf asiatische Abwechslung haben. Ich würde jederzeit wiederkommen! War ich doch beruflich die letzten Jahre in der Modebranche immer wieder in Tokio und liebe einfach japanische Küche.
Restaurant Aï, Goldenes Quartier, Seitzergasse 6/1, 1010 Wien
Ein Kommentar zu „„Fine Dining“ in Vienna (No.1)“