
Aktualisiert per 5. März 2021
In diesem Winter müssen wir zwar auf so manche Traditionen in Wien verzichten, dafür verwöhnen uns gleich sämtliche Top-Ausstellungen mit unterschiedlichster Kunst in unseren Wiener Museen. Von Andy Warhols Pop-Art über zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Essl bis hin zu diversen Jubiläen rund um Musik & Architektur zu Ehren Beethovens oder Adolf Loos. So faszinierend die Vielfalt der ausgestellten (inter)nationalen Kunstrichtungen ist, so beeindruckend ist auch ihre Inszenierung in den diversen Räumlichkeiten der Museen: von imperialen, historischen Sälen eines KHM bis zu hypermodernen Ausstellungshallen eines MUMOK im Museumsquartier. Ab 8. Februar 2021 haben unsere Wiener Museen wieder geöffnet! Eine ideale Gelegenheit, um an grauen, kalten Wintertagen dank farbenfroher, inspirierender Kunst auf andere Gedanken zu kommen. Ich habe die letzten Wochen vor dem harten Lockdown sämtliche Ausstellungen persönlich besucht und mich in unseren lokalen Museen (mit Abstand und FFP2-Maske) immer absolut sicher gefühlt. Meine Liste an Best-of Ausstellungen wird daher laufend länger. Vielleicht sehen wir uns ja alsbald im Museum?
1.) Neue Wiener Ausstellungen seit Anfang Dezember 2020:
Albertina Modern / Die Essl Sammlung: 7. Dezember 2020 – 14. März 2021
Wahre Trophäen zeitgenössischer Kunst in teils monumentalen Formaten und unterschiedlichen Medien werden derzeit in der neuen Albertina Modern in den unteren Räumlichkeiten des jüngst renovierten Künstlerhauses gezeigt. Eigentlich müßte man schon sagen „inszeniert“. Denn diese sehr farbenfrohe Ausstellung zeigt uns auf fast schon dramaturgische Weise die Manigfaltigkeit internationaler Kunst von Amerika über Spanien und Deutschland bis China auf und ist sicherlich ein perfekter Tipp an grauen, tristen Wintertagen. Viele der 110 Exponate aus der Sammlung Essl werden uns – als kunstbegeistertem Publikum – erstmalig gezeigt und repräsentieren die wichtigsten Künstler/Innen von 1960 bis heute.
Meine persönlichen Highlights: das große farbenreiche Spektrum an Kunstrichtungen (von Fotografie über Malerei, Installationen und Videos bis hin zu Skulpturen) in einzigartigen Formaten.
MAK / Adolf Loos. Privathäuser: 8. Dezember 2020 – 14. März 2021
Viele Jubiläumsausstellungen gab es bereits die letzten Jahre rund um die Wiener Moderne. Dieses Mal ehrt das Museum für angewandte Kunst einen ihrer bedeutendsten Wegbereiter und Architekten dank seines 150. Geburtstages. Der Fokus liegt mit den etwa 100 Entwurfskizzen, Plänen, Fotografien und Modellen aus dem Adolf Loos Archiv der Albertina auf seinen privaten Wohnbauten. Meist luxuriös eingerichtete Einfamilienhäuser, Villen und Landhäuser für eine damals bürgerliche, oft jüdische Klientel, aber auch für Künstler/Innen und Literat/Innen. Darunter das berühmte Privathaus für Josephine Baker, Sängerin und Tänzerin in Paris.
„Gute Architektur kann beschrieben, sie müßte nicht gezeichnet werden. Das Pantheon kann man beschreiben. Secessionsbauten nicht.“ (Adolf Loos)
Meine persönlichen Highlights: die vielen an die Wand geschriebenen Zitate von Adolf Loos zu seiner persönlichen Einstellung zu Kunst & Architektur wie die Modernität, mit welcher er schon damals Privathäuser entwarf – einfach beeindruckend!
Leopold Museum / Inspiration Beethoven: 8. Dezember 2020 – 5. April 2021
Am 17. Dezember 2020 jährte sich zum 250. Mal der Geburtstag von Ludwig van Beethoven, aus diesem feierlichen Anlass widmet derzeit auch das Leopold Museum diesem klassischen Musikgenie eine kleine, feine Ausstellung: Eine Symphonie in Bildern aus Wien 1900. Im Fokus steht Beethoven als Inspiration für andere große Künstler wie Gustav Klimt, Carl Moll oder Josef Maria Auchentaller. Highlight dieser Jubiläumsausstellung ist das Beethoven Musikzimmer basierend auf seiner 6. Symphonie (der Pastorale) umgesetzt und interpretiert in großen Wandbildern. Die Hochblüte der Musikzimmer um 1900 beflügelte damals besonders die Künstler der Wiener Secession, welche den zeitgleich entstehenden Beethoven-Geniekult entscheidend prägen.
Meine persönlichen Highlights: die präsentierten Hintergründe zur XIV. Ausstellung der Wiener Secession 1902, welche als Hommage an Max Klingers Beethoven Statue konzipiert war, wofür nebst zahlreichen anderen Kunstwerken auch Gustav Klimts Beethovenfries entstand.
Leopold Museum / Emil Pirchan. Visuelle Revolution: 8. Dezember 2020 – 5. April 2021
Wenn ihr schon im Leopold Museum seid, dann seht euch unbedingt auch die wirklich beeindruckende und teils sehr farbenfrohe Ausstellung zu Emil Pirchan an. Die Ausstellungsräume grenzen direkt an die Beethoven Ausstellung an. Der aus Brünn stammende Künstler entwarf Gebäude, Innenausstattungen, Gebrauchsgegenstände und Muster, schuf im Bereich der Plakatkunst äußerst innovative Lösungen, prägte das moderne Theater entscheidend mit und – last but not least – illustrierte respektive verfasste Fachbücher. Nach seinem Architekturstudium bei Otto Wagner in Wien und einem kurzen Intermezzo in seiner Heimatstadt zog er schließlich nach München, wo er erste Erfolge als Werbegraphiker feierte. Sein wahrer Durchbruch gelang ihm als einer der herausragendsten Bühnenbildner seiner Zeit. Die sogenannte Stufenbühne wurde zu einem Meilenstein in der modernen Bühnenbildgestaltung.
Meine persönlichen Highlights: die große Vielfalt an Kunstgattungen dieses mir völlig unbekannten Künstlers, obwohl ich die letzten Jahre ausschließlich in München und Wien gelebt habe, darunter seine graphischen Plakatentwürfe.
Oberes Belvedere / Johann Jakob Hartmann: 9. Februar – 29. August 2021
Nach den langen Lockdowns und der eisigen Kälte der letzten Wochen ist die Sehnsucht nach der blühenden Natur bereits groß. Daher erfreuen sich gerade Schauen zur Landschaftsmalerei vermehrter Beliebtheit. Während nur noch für kurze Zeit im Kunstforum der Landschaftsmaler Gerhard Richter zu sehen sein wird, wurde im Oberen Belvedere Museum eben erst die Sonderausstellung zum Barockmaler Johann Jakob Hartmann eröffnet. Restaurierungsarbeiten des Belvedere ist es zu verdanken, dass die berühmten „vier Elemente“ Erde, Feuer, Wasser und Luft in der Version von Hartmann erstmals wieder gemeinsam zu sehen sind. Dabei waren manche seiner Werke bereits im 18. Jahrhundert in der kaiserlichen Galerie ausgestellt. Der Künstler spezialisierte sich schon damals als einer der Ersten der Region Böhmen in der Kunst der Landschaftsmalerei und orientierte sich an früheren flämischen Meistern wie Jan Brueghel der Ältere.
Meine persönlichen Highlights: die extreme Detailverliebtheit des Künstlers in all‘ seinen Werken sowie – weil ich schon im Hause war – die neu inszenierte Schausammlung des Oberen Belvedere, welche ebenso einige Landschaftsbilder, nämlich vom Attersee, des berühmten Gustav Klimts zeigt.
Belvedere 21: Joseph Beuys: Denken. Handeln. Vermitteln: 4. März – 13. Juni 2021
Eine überraschend interaktive und multi-mediale Ausstellung zu moderner, zeitgenössischer Kunst zeigt derzeit das Belvedere 21 zu Ehren des deutschen Künstlers Joseph Beuys. Gehandelt als einer der einflussreichsten Künstler der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts hätte er heuer seinen 100. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass zeigt das Museum eine sehr pointierte Werkschau inklusive seiner Hauptwerke Honigpumpe am Arbeitsplatz, Hirschdenkmäler oder Basisraum Nasche Wäsche. Der Ausnahmekünstler habe ab den 60iger Jahren neue Denkansätze geschaffen, welche in ihrer Vielfalt noch heute zeitgenössisch wirken. Mit seiner Erweiterung des Kunstbegriffs und dem Konzept der Sozialen Plastik wurde er weltberühmt. Beuys hielt sich ebenso mehrmals in Wien auf und war mit Ausstellungen, Aktionen und Vorträgen präsent. Seine Gastauftritte an der „Angewandten“ sind legendär. Mit 75 Kunstwerken, 120 Exponaten, raumgreifenden Installationen und Dokumentationen gibt das Belvedere 21 Einblick in sein Schaffen sowie seine Verbindung zu Wien. Sobald es wieder möglich ist, wird die Schau mit interaktiven Talks, Workshops und Vorträgen ergänzt.
Mein persönliches Highlight: laut Beuys ist „jeder Mensch ein Künstler“, daher habt ihr in der Ausstellung dank einer Handhebel-Druckpresse die Gelegenheit, selbst künstlerisch tätig zu werden und euren persönlichen Ausstellungskatalog selbst mit viel Farbe und Druckplatte zu bedrucken.
2.) Weiterführungen bereits laufender Ausstellungen:
KHM / Beethoven bewegt: 29. September 2020 – 24. Jänner 2021
Mit dieser Sonderausstellung zeigt das Wiener KHM, ein Museum eher bekannt für die fünftausend Jahre umfassende Habsburger Sammlung, die Unmengen an Anknüpfungspunkte der epochalen Bedeutung Beethovens Musik mit (zeitgenössischen) Künstlern auf. So finden sich in der kleinen, aber feinen Ausstellung Werke von Anselm Kiefer, John Baldessari, Guido van der Werfe oder Tino Sehgal genauso wie Skulpturen von Auguste Rodin.
„Eine falsche Note zu spielen ist unwichtig, aber ohne Leidenschaft zu spielen, ist unverzeihlich!“ (Ludwig van Beethoven)
Für mich am beeindruckendsten ist gleich im ersten Ausstellungssaal die Klanginstallation in Form eines schwebenden Konzertflügels von Rebecca Horn. Ein Flügel, welcher sich während der Musikinszenierung alle 15 Minuten öffnet respektive wieder schließt, „schockiert“ und bewegt auch Nicht-Pianisten. Erstmals gezeigt wird zudem der Holzboden aus Beethovens Sterbezimmer, eine ebenso ganz spezielle Erfahrung mit diesem großen Komponisten, welche absolut berührt.
Meine persönlichen Highlights: ein ganz besonderes Erlebnis mit Ludwig van Beethoven für alle Sinne, nicht nur dem Gehörsinn, wobei die Klanginstallation von Rebecca Horn mit Abstand für mich am erstaunlichsten ist.
Kunstforum Wien / Gerhard Richter. Landschaft: 1. Oktober 2020 – 7. März 2021
Wem von euch bereits die Schau zu Herbert Brandls Landschaftsmalerei im Oberen Belvedere gefallen hat, der wird auch von der neuen Gerhard Richter Ausstellung begeistert sein. Obwohl beide Künstler natürlich nicht vergleichbar sind. Mit Letzterem zeigt das Bank Austria Kunstforum derzeit einen seltenen Gast in Wien, welcher heuer seinen 88. Geburtstag feiern konnte. Der in Köln lebende Künstler gilt international als der bedeutendste Maler der Gegenwart, die Ausstellung selbst ist weltweit sogar die erste Retrospektive auf das umfassende Werk seiner Landschaftsbilder. Das Thema Landschaft scheint ihn nahezu zu fesseln und motiviert ihn laufend zu neuen Bildlösungen. Mal abstrakt, mal scharf, mal unscharf. Gezeigt werden über 140 Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotoarbeiten, Künstlerbücher sowie einzelne Leihgaben von Privatsammlungen und Museen.
Meine persönlichen Highlights: die Ausstellung gliedert sich in 5 unterschiedliche Themenbereiche, die einzeln aber auch in ihrer Gesamtheit ein beeindruckendes Landschaftspanorama von Richters Auseinandersetzung mit der Natur aufzeigen.
MUMOK / Andy Warhol Exhibits. A glittering Alternative.: 25. September 2020 – 30. Mai 2021
Andy Warhol gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Wie kein anderer Künstler nach 1945 hat er die Alltagserfahrungen der Konsum- und Medienwelt in seine Kunst eingebunden. Gleichzeitig aber der Konsumgesellschaft die Abgründe dieser Welt vor Augen geführt. Sein Erfolg beruht nicht zuletzt auf seinen Strategien aus der Werbung, welche er als erfolgreicher Werbegraphiker geschickt zu nutzen wußte. Gezeigt wird dem Besucher dieser Ausstellung ein Blick hinter die weltberühmte Pop-Art Ikone, welcher ebenso bahnbrechender Ausstelllungskurator und Installationskünstler war. Viele der Werke wurden noch nie der Öffentlichkeit präsentiert.
Meine persönlichen Highlights: der Blick hinter Warhols Pop-Art als Illustrator und Kurator mittels einer irrsinnigen Vielfalt an Medien inklusive dem Medium Film sowie seine bunten Schuhskizzen.
Weltmuseum / Die Azteken: 15. Oktober 2020 – 22. Juni 2021
Auch wenn das Reisen immer noch stark auf „Reisen im Kopf“ reduziert ist, so entführt uns derzeit das Weltmuseum auf eine spannende Reise, nämlich rund um die sagenumwobene Kunst und Kultur der Azteken, welche vor 500 Jahren, als der spanische Eroberer Hernán Cortés die Küste Mexikos erreichte, einen großen Teil Mesoamerikas beherrschten. Im Fokus der Ausstellung stehen Tribute und Opferungen, die einen wichtigen Platz im religiösen und wirtschaftlichen Leben der Azteken bildeten. Beginnend mit der Peripherie des aztekischen Reiches und der kulturellen Vielfalt Mexikos, führt sie bis in den heiligen Bezirk der Hauptstadt Tenochtitlán, die als Drehscheibe sowie als religiöses und kulturelles Zentrum des Reiches fungierte. Gezeigt werden mehr als 200 Objekte und Leihgaben aus mexikanischen und europäischen Museen, unter anderem aus dem Museo del Templo Mayor und dem Museo Nacional de Antropología in Mexiko-Stadt.
Mein persönliches Highlight: die Tatsache wie modern und vor allem luxuriös schon damals das Leben in der Hauptstadt Tenochtitlán war.
Wien Museum MUSA / Im Schatten von Bambi. Felix Salten entdeckt die Wiener Moderne: 15. Oktober 2020 – 19. September 2021
Diese Ausstellung blickt geschickt hinter die Kulissen des Welterfolges des 1922 erschienenen Romans „Bambi“ von Felix Salten, welcher zum Welterfolg wurde und zeigt auf, dass der Autor dieses Buches darüber hinaus als einflussreicher Journalist, mächtiger Kulturkritiker, experimentierfreudiger Theatergründer, umstrittener Literaturfunktionär und Mitstreiter des literarischen Netzwerks Jung-Wien ein bedeutender Protagonist des kulturellen Lebens der Wiener Moderne war. Die Jubiläumsausstellung findet anlässlich seines 75. Todestags (auf Basis seines Nachlasses) sowohl im Wien Museum als auch in der Wienbibliothek im Rathaus statt.