
Der Wiener Herbst ist reich an Veranstaltungen rund um Design und Kunst – sei es die Vienna Design Week, sei es die Interior Design Messe namens Design District 1010 in der Wiener Hofburg oder gar die Vienna Art Week. In Vorfreude darauf habe ich die letzten Wochen abermals kleine Manufakturen, Werkstätten und Ateliers mit Wiener Handwerkskunst aufgestöbert, diese besucht und den innovativen Menschen dahinter über die Schulter geblickt. Ich bin immer neugierig zu sehen, wie Handwerk „made in Vienna“ entsteht, wieviele kleine und kostbare Arbeitsschritte dafür notwendig sind und welche Vision die kreativen Köpfe leitet, in digitalen Zeiten wie diesen wieder auf österreichisches, traditionelles Handwerk zu setzen. Ich war abermals überrascht zu sehen, wieviele Produkte mit Wiener Ursprung in mühevoller Handarbeit in Wien produziert und in die große, weite Welt verschickt werden.
1.) Wiener Zeitungshalter, 1020 Wien
Wußtet ihr, dass der Wiener Zeitungshalter für meist übergroße (inter)nationale Tageszeitungsformate, welchen wir aus den typischen Wiener Kaffeehäusern kennen, immer noch in Wien originalgetreu hergestellt wird? Meiner großen Kaffeetradition geschuldet, besuche ich immer wieder gerne Kaffeehäuser und schmunzle oft über die meist auf den typischen Wiener Kaffeehaus-Kleiderständern hängenden Tageszeitungen in Zeitungsshaltern aus Holz. „Auf die Entstehung der Kaffeehauskultur geht auch die Erfindung, Tageszeitungen in hölzerne Halterungen – entweder aus dünnem Bugholz oder Flechtwerk – einzuspannen, zurück,“ erzählt mir Thomas Poganitsch bei meinem Besuch in seinem Werkstätten-Atelier im 2. Wiener Bezirk.
Als sich das Kaffeehaus zunehmend als ein Ort zum Verweilen und Besprechen des Weltgeschehens etablierte, gewann auch das Zeitungslesen an Bedeutung. Im Café liegt die Tageszeitung traditionell kostenlos auf und das in großer Vielfalt. Mit dem traditionellen Zeitungshalter hält man allerdings nicht nur die Weltnachrichten – vom Standard über die FAZ bis hin zur New York Times – in Händen, sondern auch ein ganz besonderes Erinnerungsstück an Wiener Lebenskultur.
“ Um diese kulturgeschichtliche Konstante lebendig zu halten, fertigen wir Zeitungshalter aus Holz nach traditionellem Vorbild nach wie vor selbst – von Hand und in Wien“ (Thomas Poganitsch)
Thomas war in einer Bauernfamilie schon als Kind mit dem Thema Handwerk aufgewachsen, studierte schließlich Industrial Design in Padua und begann seinen ersten Job bei einer Möbelfirma in Jesolo. Schon damals trieb ihn die Frage „Was kann ich denn mit meinen eigenen Händen machen?“ an ehe er schließlich durch plastisches Arbeiten Tonvögel als Wanddekoration – mit Zusatzfunktion als Kleiderhaken – lancierte. Als er davon hörte, dass die letzte Generation des Familienunternehmens Tuschel, welches seit dem Jahre 1867 den Original Wiener Zeitungsständer per Handarbeit produzierte und auch ihr Nachfolger, ein alter Korbflechter aus dem Umkreis Wiens, die Produktion einstellen wollten, integrierte er spontan das Handwerk in seine Werkstatt. Samt der ursprünglichen Schablonen aus dem 19. Jahrhundert. Das Material zur Fertigung stammt ebenfalls von kleineren Manufakturen aus Deutschland und Österreich.
Neben dem bekannten Original Wiener Zeitungshalter gibt es aus handwerklicher Sicht auch den Berliner sowie den Prager Zeitungshalter. Zudem – je nach Tageszeitungsformat – 5 verschiedene Größen von 40 bis 65cm. Während früher der hölzerne Rahmen einerseits als Diebstahlschutz in den Wiener Cafés sowie für ein besseres und faltenfreies Lesen der Tageszeitung sorgte, werden die Halter heute gerne auch von Privatpersonen als Dekoration fürs eigene Zuhause bestellt. Dennoch bleiben die größten Abnehmer Hotels, Kaffeehäuser sowie Zeitungsverlage selbst. Bis hin zur New York Times! Wäre das nicht ein nettes Geschenk, wenn ihr das nächste Mal bei Freunden zum Essen geladen seid? Inklusive der aktuellen Ausgabe einer Tageszeitung. Die Überraschung wäre sicherlich gelungen!
Wiener Zeitungshalter Online Shop
2.) Blühendes Konfekt, 1060 Wien
Dank einer Empfehlung aus meinem privaten Umfeld entdeckte ich bereits vor etlichen Monaten den kleinen Laden im 6. Bezirk namens „Blühendes Konfekt“ mit angrenzender Werkstatt. Ich kaufte damals tatsächlich eine kleine Bonbonniere als Mitbringsel für eine Einladung, aber es dauerte beinahe ein Jahr bis ich der Konfekt-Werkstatt von Michael Diewald wieder einen Besuch abstattete. Michael – sonst eigentlich meist auf einem der Wiener Dachgärten oder im Wienerwald unterwegs – hatte sich extra Zeit genommen und zeigte mir die unterschiedlichsten Vorbereitungsschritte bei der Herstellung seines so besonderen Konfekts. Angeblich gibt es weltweit kein vergleichbares süßes Handwerk wie er es mit so viel Detailliebe und Enthusiasmus betreibt!
„Willst Du Neues entdecken, verreise nicht,
sondern öffne Deine Sinne!“ (Michael Diewald)
Eigentlich ein Outdoorfreak, begeisterter (Wildkräuter)Wanderer und letztendlich auch Aromaforscher ist er schon seit über 20 Jahren hobbymäßig beim Experimentieren mit Früchten und Blüten. Teils mit Schokolade und Marzipan veredelt. Erst vor über 10 Jahren machte er diese private Passion zu seinem Hauptberuf. Seither bewirtschaftet er mit anderen Wienern/Innen so manchen urbanen Dachgarten, ist zu Fuß oder mit dem Rad in der schönen Natur rund um die Stadt Wien unterwegs und sucht kostbarste Blüten, welche er anschließend in saisonales Konfekt verwandelt. Ich war erstaunt zu hören, dass wir Rosen, Veilchen, Flieder und gar Himmelschlüsselblumen essen können. Ich kenne natürlich kandierte Veilchen oder Rosentee, aber einzelne Blütenblätter hatte ich noch nie gekostet.
Oberstes Gebot bei allen Zutaten ist beste Qualität und geschmackliche Reinheit. So werden Marzipan und Schokolade, Früchte und Gewürze nahezu ausschließlich aus biologischem Anbau bezogen. Das Obst wird zudem von einer älteren Schlossherrin im Waldviertel zu Gelee vorverarbeitet ehe es das Konfekt versüßt. Nur so wird das Verkosten zu einem wahren Fest für alle Sinne! Je nach Saison, nach Sammlerglück oder neuen Entdeckungen der kooperierenden Blüten- und Kräuterbauern entstehen von Veilchen-Himbeerkugeln im Frühjahr über sommerliche Schoko-Minzblätter bis zu Schlehen-Limetten-Marzipan im Spätherbst bunteste Kreationen.
Das Konfekt ist übrigens mehrere Monate über haltbar, verschickt werden kann es kaum (nur wenige, speziell hierfür angefertigte Sorten), denn viel zu filigran sind die Blüten. Der Laden hat von Mittwoch bis Freitag oder nach telefonischer Vereinbarung geöffnet. In der Werkstatt können sogar für kleinere Gruppen eigene Verkostungen gebucht werden und ansonsten trefft ihr Michael auch einmal im Jahr beim Genuss-Festival im Stadtpark an! Besonders schön sind auch die anlassbezogenen Konfektserien für Ostern oder Weihnachten und wirklich eine herrliche Geschenksidee!
Blühendes Konfekt, Schmalzhofgasse 19, 1060 Wien
3.) Wiener Honig, 1030 Wien
Ich habe selten so einen leidenschaftlichen Imker getroffen wie Thomas Zelenka! Ursprünglich aus dem Tourismus mit eigenem Reisebüro und Eventagentur kommend machte er schließlich seine große Leidenschaft für Bienen und als Hobbyimker zum Beruf. Schon als kleiner Junge durfte er seinen Großvater in der Steiermark in die Bienenhütte hinterm Haus begleiten.
Als großer Freund der Natur und Wertschätzer seiner Bienenvölker versucht er alles, um den Bienen als wilden Tieren ein perfektes Umfeld zu schaffen. Dafür sucht er die passenden Sammelplätze (wie wilde, umbewirtschaftete Landstriche, Wälder, Blumen- oder Streuobstwiesen) aus, sorgt für naturbelassene Holzbehausungen und pflegt die Bienenvölker mit viel Hingabe. So stehen Thomas‘ Bienenstöcke heute an vielen Plätzen im Wienerwald genauso wie auf Dächern des einen oder anderen Wiener Museums. Denn besonders abwechslungsreich und damit als gutes Sammelgebiet hat sich tatsächlich die Stadt mit ihren Parks, Dachterrassen, Gärten und Blumenrabatten erwiesen.
„Geht’s den Bienen gut, geht’s auch dem Inker gut!“ (Thomas Zelenka)
Gäbe es den Imker nicht, würden sich Bienen in einem hohlen Baum ansiedeln und dort bleiben. Genau das versucht Thomas mit seinen eigenen Bienenstöcken aus reinem Holz nachzuahmen. Zusätzlich verwendet er das eigene Wachs für den Wabenbau des Folgejahres. Diese total biologische Herstellung ohne irgendwelcher chemischer Rückstände schmeckt man auch bei seinen Produkten.
Ich durfte Thoma tatsächlich – gut geschützt in einem Imker Outfit – im 23. Bezirk zu einigen seiner Bienenstöcke begleiten und mir diese von innen sowie die Tausenden von Bienen mit ihrer Königin ganz aus der Nähe ansehen. Für ihn sei das Öffnen eines Bienenstockes jedes Mal aufs Neue ein ganz besonderer Augenblick! Anschließend haben wir gemeinsam fertigen, wie zähes Gold aussehenden Honig in kleine Glasgefäße abgefüllt und etikettiert. Ich finde auch die Verpackung und den – fast schon möchte ich sagen Markenauftritt – von Thomas‘ Honigprodukten äußerst edel und gelungen! Neben den unterschiedlichsten Honigsorten wie Bio (Linden)Blüten-, Creme-, Akazien-, oder beispielsweise Waldhonig, könnt ihr im Online Shop auch diverse andere Honigprodukte bis hin zu einem Lederpflegeset mit Bienenwachs erstehen. Meine Winterstiefeln haben noch nie so gut geduftet! Besonders nette Geschenksideen sind auch die Honigkerzen, die Propolis Drops oder die Honig Bärchen.
Thomas Zelenka Honig Online Shop
4.) „arrivée“ Biokosmetik, 1020 Wien
Eventuell kennt ihr schon die kleine Wiener Manufaktur im zweiten Bezirk, in welcher mit großer Sorgfalt und Expertise erlesene Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau, fair gehandelte Zutaten, kostbare Essenzen und naturreine Öle zu hochwertiger Premium Naturkosmetik verarbeitet werden? Im sogenannten Lederhaas Creative Lab entwickelt Wolfgang Lederhaas schon seit einigen Jahren mit großer Hingabe und Sorgfalt eigene Rezepturen und hochwertige Naturkosmetik in traditioneller Handarbeit „made in Vienna“. Ebenso Quereinsteiger in die Kosmetikbranche – eigentlich ist Wolfgang gelernter Germanist und Philosoph mit einer klassischen Gesangsausbildung – studierte er schließlich Pharmazie, Kosmetologie und Aromatherapie. Auch ihm sind höchste Qualität und Wirksamkeit bei Verwendung von naturreinen und naturbelassenen Pflanzen-Wirkstoffen extrem wichtig. Zudem sollen seine innovativen Texturen nicht nur unseren Körper und Geist, sondern auch unsere Seele und all‘ unsere Sinne ansprechen.
„Das Reisen führt uns zu uns zurück!“ (Albert Camus)
Seine jüngste Kreation ist eine zertifizierte vegane Biokosmetiklinie mit herrlich duftenden Pflanzenextrakten von Linde und Holunder. Eigentlich in mehreren Referenzen für die hochwertige Lifestyle-Hotellerie entwickelt – daher der Name „arrivée“ – habe ich die Produkte bereits in der Wiener Innenstadt gesichtet. Besonders schön finde ich das kleine und praktische Travel Set für eine eurer nächsten Reisen. Es beinhaltet sowohl ein Hand als auch ein Hair & Body Wash Produkt, einen pflegenden Conditioner sowie eine Body Lotion mit Nachtkerzenöl. Verpackt sind die vier Sondergrößen in einem kleinen Täschchen der Wiener Manufaktur Said the Fox, ein Unternehmen, das ich euch ebenfalls schon vorgestellt habe und für seine hochwertigen Travel Accessoires bekannt und beliebt zugleich ist. Auch das Täschchen stammt aus heimischer hochwertiger Perl-Loden Produktion aus Schladming und wird in Wien gefertigt. Das Travel Set durfte mich gerade nach Italien begleiten und ich war vom Duft, der praktischen Reisegröße sowie den Texturen begeistert!
Lederhaas, Fugbachgasse 17, 1020 Wien (Verkaufspunkt: Parfümerie Kussmund im 1. Bezirk)