Mode und Handwerk „made in Vienna“

Handwerk

Aktualisiert per November 2018

Viel spricht man derzeit in den Medien – anläßlich des Jubiläumsjahres 2018 – von der Wiener Moderne sowie der Wiener Werkstätte. Jährt sich doch der Todestag einiger ihrer wichtigsten Mitbegründer heuer zum 100. Mal. Dies brachte mich auf die Idee, auf die Suche nach kleinen Wiener Manufakturen zu gehen, in denen die Kunst zu Handwerk und Tradition wieder groß geschrieben wird. Sowie die Liebe zu klaren Formen, reduzierten, zeitlosen Designs, Topqualität und klassischen Farbpaletten, in denen immer wieder die berühmte Schwarz/Weiß Kombination eine Rolle spielt. Ich war selbst überrascht, wieviel Kreativität in diesen Werkstätten steckt, geprägt von einzigartigen Frauen, welche als Quereinsteigerinnnen dem österreichischen Handwerk neues Leben einhauchen. Anbei mein „Best-of“ an 5 Manufakturporträts zu Handwerk „made in Vienna“!

1.) NEU: Wiener Seife, 1030 Wien

Schon lange hatte ich mich auf die Presseveranstaltung im neu eröffneten Laden der Wiener Seife in der Hintzerstraße gefreut! Denn gleich gegenüber der eigentlichen Seifenmanufaktur ist in den letzten Monaten mit einem wirklich sehr stylischen und modernen Ladenbaukonzept (ähnlich der bereits existieren Zweigstelle in der Wiener Herrengasse) eine neue Bühne für das große Seifensortiment entstanden. 

„Was die Seife für den Körper, ist das Lachen für die Seele“ (Jüdisches Sprichwort)

Alle Seifen werden auch heute noch sanft auf Kokosölbasis per Hand gerührt und nach den geheimen Wiener Seifenrezepturen des mittlerweile verstorbenen Stadlauer Seifensieders Friedrich Weiss hergestellt. Die heutige Eigentümerin sowie „Herz & Seele“ der Wiener Seife, Frau Sonja Baldauf, war Anfang 2000 schon lange treue Kundin dieser Seifen. Als der Seifensieder urplötzlich verstarb, packte sie ihre 7 Sachen und zog spontan aus Vorarlberg nach Wien, um dieses handwerkliche Gewerbe fortzuführen. 25 der ursprünglichen Rezepturen wurden 1:1 übernommen, die restlichen Seifensorten im Laufe der Jahre persönlich mit viel Liebe entwickelt. Heute umfasst das Produktangebot mittlerweile über 70 verschiedene Seifenrezepturen und Duftkompositionen. Die Duftnamen reichen von Alpenrose über Aprikosenkernöl, Blaue Donau bis hin zu Schokoseife oder Wiener Duft. 2018 – einem für die Firmengeschichte mit der Eröffnung des neuen Flagship Stores im 3. Bezirk bedeutsamen Jahr – wurde das Sortiment um eine weitere namens Meilenstein ergänzt.

Tatkräftig unterstützt wird heute Frau Baldauf von ihrem Mann, der das Seifensiederhandwerk schließlich erlernt hat und nun für die komplette Produktion verantwortlich ist. Sobald die Rezepturen per Hand achtsam gerührt sind, werden sie in einer extra angefertigten Spezialholzkiste ausgegossen, um bis zu 4 Tage zu ruhen und abzukühlen. Schließlich wird der große Seifenblock ebenfalls händisch mit Hilfe von Klavierdrähten sorgsam in kleine Seifenstücke geschnitten. Nach einem weiteren Austrocknen werden diese nach 3 Tagen vorsichtig in Papier mit qualitativ hochwertigen Wiener Seifen-Schleifen wunderschön verpackt und ins Verkaufsregal geschlichtet. Für mich übrigens immer eine nette Idee, die Seifen – welche heutzutage ein großes Comeback feiern – auch als Mitbringsel aus Wien zu erstehen!

Flagship Store Wiener Seife, Hintzerstraße 2, 1030 Wien

2.) Said the Fox – Travelkits

Als ich letzten Herbst das erste Mal die süßen, kleinen Reisekits von Alexandra Pecher gesehen hatte, war ich sofort vom minimalistischen Design begeistert. Erst recht von ihrer Instagram Seite! Reduziert auf klare, geometrische Formen, nur Schwarz/Weiß sowie ein wenig Abricot als Colour Range und sehr anmutend fotografiert. Hinter dieser Präzision verbirgt sich eine Profiausbildung zur klassischen Tänzerin an der Ballettschule der Wiener Staatsoper sowie später zur Graphik Designerin. Das Geschick fürs Handwerkliche hatte Alexandra dennoch familiär vererbt bekommen und immer schon gerne gezeichnet. Als sie dann als dreifache Mutter eine Auszeit nahm und begann, Kosmetiktäschchen (für mehr Ordnung zuhause und unterwegs) sowie folglich Geschenke für begeisterte Freunde zu nähen, war die Idee zu „Said the Fox – Travelkits“ geboren.

Der Fuchs schon immer ihr Lieblingstier. Ihr erstes Design Office, die ehemaligen Räumlichkeiten der Wiener Werkstätten. Schließlich gaben die Arbeiten von Josef Hoffmann als große Inspirationsquelle und eine tiefe Verbundenheit mit Wien, Anreiz für eine persönliche Hommage: die „Lines & Stripes“ Special Edition. Ebenfalls in Schwarz und Weiß: „Sind sie doch für einen Graphiker ganz wichtige „Farben“ – der maximale Kontrast eben – das lässt die Formgebung so schön deutlich sichtbar werden.“

Von Anfang an waren Alexandra bei der Produktion ihrer Produkte der Umgang mit den Ressourcen, regionales Handwerk und Nachhaltigkeit im Allgemeinen sehr wichtig. Da für eine größere Farbpalette Kompromisse in der Produktionseffizienz in Kauf genommen werden müssten, reduziert sie ihr Produktsortiment derzeit auf ein „3 Colours Concept“. Verarbeitet werden nur zertifizierte Baumwolle, österreichischer Perl-Loden aus Schladming, handgefertigt wird ausschließlich in einer sozial engagierten Werkstätte in Wien. Ihre Produkte, sogenannte Reiseaccessoires und Alltagsgegenstände, umfassen Kosmetiktäschchen, Pouches, Tissue Boxes sowie Foxy Schlafmasken. Letztere übrigens nicht nur dank ihres markanten Fuchs-Designs sondern auch aufgrund ihres Tragekomforts der absolute Bestseller! Ihre Inspirationen zu neuen Formen und Designs entnimmt Alexandra verschiedensten Quellen: Kunst, Architektur, Design, Mode und der Natur. Basierend auf ihrem Willen zur Nachhaltigkeit entstehen so klassische, zeitlose Designs, welche nicht zwingend aktuellen Trends unterliegen.

Our designs are not meant to be about a certain attitude or about a trendy lifestyle. They are meant to be about life.” Denn laut Alexandra Pecher ist auch „das Leben eine Reise!“. Erhältlich sind die schönen Reiseaccessoires in Stores wie „Die Sellerie“ in der Wiener Burggasse, bei der Saint Charles Cosmothecary in der Gumpendorfer Straße oder im Said the Fox Online Shop.

3.) Me in Wien, 1020 Wien 

Die Tatsache, dass Maria und Esther nicht „die passende“ Kindermode für ihre eigenen Kinder finden konnten, veranlasste die beiden eines Tages ihr eigenes Modelabel zu gründen. Schon bald wurde Me in Wien auch von anderen Wiener Kinderboutiquen geordert. Ende 2017 folgte schließlich im 2. Bezirk ein eigenes Mini-Atelier, das gleichzeitig nicht nur zum Arbeiten und Designen dient, sondern auch als Showroom und Verkaufsfläche fungiert. Ein eigener Online Shop soll zeitnahe folgen. So wie die Kindermode selbst, ist auch das Design des Ateliers sehr puristisch und minimalistisch. Die dominanten Farben: Schwarz, Grau, Nude und Creme. Ergänzt mit einigen eher dezenten Fashion Colours pro Saison. Die Drucke produzieren Maria und Esther mittels Siebdruck noch selbst, ebenso alle Designs. Gefertigt wird zur Zeit ausschließlich in Wien, sei es erste Musterteile oder die finale Kollektion. Das Besondere: die Produktion findet in einem sogenannten integrativen Sozialbetrieb statt und verkörpert somit „100% made in Vienna“.

Die beiden, deren Anfangsbuchstaben M und E auch die Namensgeber für „Me“ waren, sind eigentlich als gelernte Architektin und Politologin Quereinsteigerinnen in die Modebranche. Den „hohen“ Ansprüchen ihrer eigenen Kinder nach bequemer, hautverträglicher Kinderkleidung, aus deren Lieblingsteilen sie nicht allzu schnell herauswachsen wollten, verdanken sie letztendlich den Beruf der Fashion Designerinnen. Welcher ihnen offensichtlich großen Spaß bereitet. Auch ihre Liebe zum Handwerk.

Nachhaltigkeit, Regionalität und Fair Trade liegen beiden dabei sehr am Herzen. So wird nicht nur lokal in Wien gefertigt, sondern ausschließlich bequeme, softe Fair Trade Stoffe (vorwiegend aus Italien, den Niederlanden und Deutschland) für die Kindermode verarbeitet. Die Nachhaltigkeit findet sich vor allem in X-Large Größen sowie Oversize Designs wieder, welche das Tragen der Kinderteile bis zu 2 Jahren, also 4 Saisonen, ermöglichen und somit lange als Lieblingsteile für die Kids erhalten bleiben. Zusätzliches Atout sind die Unisex-Schnitte und Designs in neutralen, teils für Kinder coolen Farben. Ihre Culottes (Hosen), Fledermaus Shirts und Sweaters zählen schon heute zu den absoluten Bestsellern und Sigantureprodukten!

Me in Wien, Große Sperlgasse 10, 1020 Wien

4.) prater&stern, 1020 Wien

Nicht allzu weit entfernt, auch im 2. Bezirk, befindet sich die kleine Textilwerkstatt prater&stern. Ebenso auf Siebdruck und Handwerk ausschließlich „made in Vienna“ spezialisiert, entwirft und produziert Christiane Wery unterschiedlichste Accessoires für euch selbst, euer Zuhause respektive maßgefertigte 50x70cm Meterware zum selbst Verarbeiten. Ebenfalls ursprünglich Architektin und Graphikliebhaberin war Christiane schon immer von klaren, starken Formen und Designs fasziniert. Die Inspiration zu ihren Druckmustern entnimmt sie gerne aus der Natur respektive Architektur. Derzeit dominantestes Muster in der Kollektion: das Swirls Design mit großen Kreisen.

Pro Jahr entwirft sie durchschnittlich 3 – 4 neue Designs, welche schließlich als Musterserien in verschiedenen Produktkategorien sowie Farbvarianten umgesetzt werden. So findet ihr in ihrer Werkstatt vorwiegend Kissen, Stoffkörbe in diversen Größen, Kosmetiktäschchen in unterschiedlichen Formen, Home Accessories wie Geschirrtücher oder große XL-Taschen. Letztere fungieren als Yogataschen genauso wie als Beach Bags oder einfach nur für eure Illustrierten und Magazine zuhause. Auch Christiane ist Nachhaltigkeit sehr wichtig! Ihre Lieblingsstoffe: natürliche Materialien wie Baumwolle, Leinen oder jüngst auch Denim. Bedruckt werden diese per Hand mit umweltfreundlichen Textilfarben im Siebdruck. Alle Produkte sind auch im Atelier-eigenen Online Shop erhältlich und eignen sich ganz besonders als Geschenkidee.

Wer Lust hat, Stoffe im Handwerk auch selbst zu bedrucken, Christiane veranstaltet regelmäßig Workshops für Erwachsene zum einfacheren Schablonensiebdruck. Auf die Frage, ob es denn auch Workshops für Kids geben würde, meinte sie, „sehr gerne aber auf Anfrage und aufgrund der kleinen Werkstattfläche nur für maximal 4 Kinder“ . 

prater&stern, Lessinggasse 5/3, 1020 Wien

5.) Papiermanufaktur Herz & Co, 1190 Wien

Der Familienname der Manufakturinhaberin, Helga Herz, paßt perfekt zu ihrem Produkt, denn bei diesen Papierwaren geht – zumindest mir – „das Herz auf“ mit soviel Liebe, Handarbeit und Detailverliebtheit sind diese gedruckt und per Hand geklebt und verarbeitet. Aber eines nach dem anderen! Helga Herz war jahrelang Flugbegleiterin bei Austrian Airlines und hatte das Glück auf ihren Reisen (besonders nach Amerika, China, Thailand und Japan) wiederholte Male wunderschöne, feine Drucksorten mit nach Hause zu bringen, welche man in Wien in dieser Kunstform nicht (mehr) finden konnte. Ganz speziell Einladungskarten, Glückwunschbillets und Anhänger aus feinstem Papier im Letterpress Verfahren hergestellt.

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Mit Papier war Helga insofern aufgewachsen, als dass ihr Großvater väterlicherseits nicht nur eine große Bibliothek besaß, sondern seine persönlichen Visitkarten stets in mit Seide gefütterten Kuverts verteilte. Nachdem sie vor Jahren einer lieben Freundin bei Gestaltung und Druck von hochwertigen Einladungskarten für eine Weinverkostung geholfen hatte, bekam sie immer mehr private „Aufträge“ für exklusive Drucksorten. Aus einer Leidenschaft wurde schließlich ein in Wien aussterbendes Handwerk. Vor fast 6 Jahren eröffnete Helga schließlich die heute bedeutendste Wiener Letterpress Papiermanufaktur, kaufte alte Original-Buchdruckmaschinen aus Heidelberg, durchlief so manches Hoch und Tief, aber heute geht förmlich der halbe europäische Hochadel bei ihr ein und aus. Keine(r) druckt und verarbeitet so liebevoll die schönsten Papiersorten und Einladungskarten! Zudem stets auf hochwertigem, edlen Baumwollpapier meist von österreichischen oder deutschen Papierfabriken.

Das als Letterpress bezeichnete Druckverfahren ist in Wahrheit viele Jahrhunderte alt und bezeichnet einen Reliefdruck von Grafik und Text mittels einer Druckpresse im sogenannten Hochdruckverfahren. Dadurch entsteht an den gedruckten Stellen eine deutlich sicht- und fühlbare Vertiefung, die sehr hochwertig wirkt und durch Ihre Haptik „bis in die Fingerspitzen“ begeistert.

Das heutige Letterpress Atelier Herz & Co besteht aus einem Team von Grafikern, Producern und Druckern. Die Erstberatung führt Helga gerne mit Ihrem Geschäftspartner (ein wahrer Grafikspezialist!) gemeinsam durch, Ideen zu Illustrationen kommen heute noch wie damals oft aus der Bibliothek ihres Großvaters. Wer also zeitnahe wunderschöne Einladungskarten für private oder berufliche Anlässe braucht oder ganz außergewöhnliche Visitkarten wünscht, sollte unbedingt diese Wiener Papiermanufaktur im 19. Bezirk besuchen! Ihr wißt, ich selbst bin ein großer Paperlover und war schier begeistert von all‘ den Drucksorten, die ich im Atelier entdecken durfte.

Herz & Co GmbH, Hackhofergasse 5, 1190 Wien

Weitere Manufakturporträts zu österreichischer Handwerkskunst findet ihr unter Mode und Handwerk „made in Austria“!

Coverfoto = Moodboard & Copyrights Said the Fox

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9 Kommentare zu „Mode und Handwerk „made in Vienna“

    1. Vielen lieben Dank für dein Feedback 🙂
      Herzliche Grüße nach München zurück!
      Birgit

    1. Vielen Dank für dein super nettes Feedback, das würde mich freuen, wenn du das schaffen könntest!
      Liebe Grüße
      Birgit

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